Ist die Drogenfahrt wirklich nachgewiesen? Zur OZ 15.03.06

Veröffentlicht am 15. März 2006
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Ist die Drogenfahrt wirklich nachgewiesen?
Bezug: „19-jähriger fuhr unter Drogeneinfluss“ (OZ 15.03.06)

Im oben genannten Artikel heißt es, dass „Beamte der Polizeistation Alsfeld bei einer Kontrolle feststellten, dass der junge Mann unter Drogeneinfluss gestanden habe.“ Dies ist zumindest ohne genauere Angabe von Messwerten anzuzweifeln.

Durch meine ehrenamtliche Arbeit für das „Grüne Hilfe-Netzwerk“ e.V., bei der ich monatlich ca. 30-50 Anfragen von Betroffenen erhalte, weiß ich zunächst, dass es sich hierbei meist um Cannabis handelt, da Cannabisabbauprodukte wesentlich länger nachweisbar sind als Alkohol und andere illegalisierte Drogen.

Nach einer Übersicht von Dr. Paul Cary (Universität Missouri) in der Zeitschrift „Drug Court Review“ sind Cannabis-Abbauprodukte bei der niedrigen Nachweisgrenze von 20ng/ml bis zu 3 Wochen nachweisbar, obwohl die Rauschwirkung von Joints zumindest nach 4 Stunden abgeklungen ist. Die Polizei will bei entsprechenden Verkehrskontrollen meist einen Urin-Schnelltest durchführen, damit bei der oben beschriebenen langen Nachweiszeit, die Begründung für eine Blutprobe gegeben ist.

Sind Verdachtsmomente für Drogenkonsum gegeben, kann diese im Gegensatz zum Urin-Schnelltest von Betroffenen nicht verweigert werden. Die Polizei allerdings klärt hier nicht auf, dass der Schnelltest verweigert werden kann, sondern verpackt die „Aufklärung“ in die Frage, „sind Sie mit einem Urin-Schnelltest einverstanden? Die Ablehnung dieses Schnelltest allein ist übrigens keine ausreichende Begründung für eine Blutentnahme. Werden nun Cannabis-Abbauprodukte im Urin nachgewiesen, vermeldet die Polizei eine Fahrt unter Drogeneinfluss, obwohl die Rauschwirkung vielleicht, oder besser gesagt wahrscheinlich, bereits abgeklungen ist.

Diese Informationspolitik ist Teil einer Prohibitionspolitik, die das Verkehrs- und Fahrerlaubnisrecht als Strafmittel gegen Cannabis-KonsumentInnen missbraucht.

Hier sind aufgeklärte PolitikerInnen gefordert, auch im Interesse wirklicher Verkehrssicherheit, endlich nachvollziehbare Grenzwerte umzusetzen. Weitere Informationen zum Thema sind unter www.verkehrsthek.de zu finden.

* Jo Biermanski (Grüne Hilfe)
* Untere Fuldergasse 12, 36304 Alsfeld

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