Drogenkrieg gegen Cannabis – Polizei hebt riesiges Drogenlager aus (RA 24.7.07)

Veröffentlicht am 27. August 2007
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Auch nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (1994) ist Cannabis vom Gefährdungspotential allenfalls mit Alkohol und Nikotin vergleichbar. Sicherlich ist auch der Gebrauch von Cannabis mit Vorsicht zu genießen, aber es handelt sich um eine „weiche Droge“, die keinerlei körperliche Abhängigkeit bewirkt und mit deren „Nebenwirkungen“ Millionen von KonsumentInnen in Deutschland gut leben können, sofern sie nicht mit der Justiz in Konflikt geraten.

Um den Markt von Cannabis von sogenannten harten Drogen zu trennen, wird in den Niederlanden seit 30 Jahren in „Coffeeshops“ der Verkauf von Cannabisprodukten in gewissen Mengen gelduldet. Es handelt sich bei Cannabis keinesfalls um eine „Einstiegsdroge“ sondern um Einstiegskriminalisierung.Während aber die Niederlande gute Erfahrungen mit der Duldung von Cannabis gemacht hat, wird in Deutschland von Regierungsseite weiterhin ein verschärfter Drogenkrieg geführt. Die Prohibition (Verbotspolitik) aber schafft durch Zerstörung von Lebensläufen, Familien, Freundschaften und Vertrauensverhältnissen sowie das Abdrängen in die Illegalität mehr Probleme, als sie vorgibt zu verhindern.

Zur Kriminalisierung, Stigmatisierung und Verteufelung von Cannabis-KonsumentInnen werden dabei auch Übertreibungen und Unwahrheiten genutzt, wie der Artikel „Polizei hebt riesiges Drogenlager aus“ zeigt: Einmal davon abgesehen, dass aus 40 Pflanzen + Stecklingen + Samen, dann direkt 150 Cannabis-Pflanzen werden, die Anzucht-Anlage wäre je eventuell für 150 Pflanzen möglich gewesen, heißt es sofort: „Nach ersten Ermittlungen waren die Pflanzen nicht nur für den Eigenbedarf gedacht.“ Fraglich ist welche Ermittlungsergebnisse die Polizei hier wohl meint. Wer bedenkt, dass sich unter den Pflanzen wahrscheinlich noch diverse männliche Pflanzen befinden, die keinerlei THC (berauschender Cannabis-Wirkstoff) beinhalten, kann bei dem „riesigen Drogenlager“ durchaus noch von Eigenbedarf ausgehen. Desweiteren heißt es in dem Artikel, dass „ein Fahrzeugführer unter Drogeneinfluss stand“.

Durch meine ehrenamtliche Arbeit für das „Grüne Hilfe-Netzwerk“ e.V. (www.gruene-hilfe.de) weiß ich, dass der Polizei noch keine Blutwerte vorliegen konnten, die eventuell auf eine akut berauschte Teilnahme am Straßenverkehr schließen lassen könnten. Zum Zeitpunkt des Polizeiberichts konnte allenfalls der Urin-Schnelltest interpretiert werden. Da bei diesem Test aber lediglich THC-Abbauprodukte gemessen werden, kann daraus lediglich geschlossen werden, dass der Betroffene in der Vergangenheit Cannabis konsumiert hat. Dieser Test gibt aber keinerlei Hinweise, ob die Teilnahme am Straßenverkehr unter aktivem THC erfolgte. Dieser Wert wird in einer Blutprobe ermittelt, deren Werte noch nicht vorliegen konnten.

Es kann also lediglich vom Verdacht auf Drogeneinfluss ausgegangen werden. Trotzdem meldet die Polizei eine Fahrt unter Drogeneinfluss, obwohl die Rauscheinwirkung vielleicht, oder besser gesagt wahrscheinlich, bereits abgeklungen ist, da ein Joint lediglich ca. 3-4 Stunden wirkt.

Diese Informationspolitik ist Teil einer Prohibitionspolitik, die Cannabis-KonsumentInnen stigmatisiert und verteufelt und das Verkehrs- und Fahrerlaubnisrecht als „Strafmittel“ missbraucht. Im Interesse von ehrlicher und nachvollziehbarer Aufklärung und im Interesse wirklicher Verkehrssicherheit, ist hier eine Drogenpolitik erforderlich, die statt Willkür für rationale und humane Veränderungen eintritt.

Jo Biermanski
(Grüne Hilfe-Netzwerk e.V.), Untere Fuldergasse 12, 36304 Alsfeld

Drogenkrieg gegen Cannabis
Bezug: Polizei hebt riesiges Drogenlager aus (Rottaler Anzeiger 24.7.07)

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