Brief aus der JVA Koblenz von D. Schwikal

Veröffentlicht am 4. November 2008
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Ich befinde mich zur Zeit in der JVA Koblenz in Untersuchungshaft. Habe schon viel von der „Grünen Hilfe“ gehört und gelesen. Gut, dass es noch Vereine gibt, die auch Gefangene unterstützen, was nicht alltäglich ist, da der größte Teil der Gesellschaft Gefangene als Abfall sieht und uns die Justiz auch hin und wieder so behandelt. Dies fällt mir besonders im Bundesland Rheinland-Pfalz auf.

Aufgrund meiner Suchtprobleme bin ich seit Anfang 1999 Dauergast in Deutschland’s Justizvollzugsanstalten worauf ich nicht gerade stolz bin. Da ich meine Redefreiheit ausschöpfe, wehre ich mich, wenn Gefangene unmenschlich behandelt werden. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie meinen Brief veröffentlichen, da ich meinen Leidensgenossen Mut machen möchte. Ich will motivieren, zum Wohle von menschenwürdiger Behandlung und Unterbringung der Gefangenen zu handeln. Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, möchte ich auch erwähnen, dass der größte Teil der Beamten auf den Stationen der JVA Koblenz respektvoll mit uns Gefangenen umgehen. Im August bin ich in der JVA Koblenz angekommen. Es hat sich nichts geändert, alles wie vor 3 Jahren als ich erstmals hier war.

Da ich eine Privatkleidersprerre habe, die ich nachvollziehen kann, hat man mich mit Anstaltskleidung von 2 Freizeitanzügen, 6 Garnituren Unterwäsche, Anstaltskleidung, 6 Paar Socken, 2 T-Shirts, etc. ausgestattet. Nun hat man Wäsche für 6 Tage, aber erst am 8.Tag wird getauscht: Es ist somit nicht möglich, auf normalem Wege täglich seine Unterwäsche zu Wechseln. Also blieb mir nichts anderes, als gegen die Hausordnung zu verstoßen, heißt es doch dort auf Seite 3/Abschnitt 6: „Das Waschen von Kleidung und Wäsche im Haftraum ist untersagt.“

Ich habe an die Anstaltsleitung geschrieben und darauf hingewiesen, dass ich jede Woche genötigt werde, gegen die Hausordnung zu verstoßen, wenn ich täglich saubere Unterwäsche und Socken wechseln will. Nach kurzer Zeit mich eine Frau der Wirtschaftsverwaltung unterrichtet, dass man keine Ahnung hatte, dass Gefangene ohne Privatkleidung mit Unetrwäsche und Socken unterversorgt seien. Die gute Frau wusste nicht, dass ich vor 3 Jahren ebenfalls eine entsprechende Beschwerde geschrieben habe und zusätzliche Wäsche erhalten hatte. Bei der neuen Beschwerde habe ich nun darauf bestanden, dass jeder Gefangene das Recht hat, täglich die Unterwäsche zu wechseln. Umgehend wurden Gefangene mit zusätzlichen Garnituren Unterwäsche und Socken ausgestattet. Ich finde es trotzdem sehr traurig, dass man die JVA darauf hinweisen muss, dass der Straftatbestand der Nötigung, wenn ich es so nennen darf, besteht und somit unter Druck setzen muss, um saubere Wäsche zu erhalten, die in der heutigen Zeit als Standard zählt. Trotzdem ein Danke an die Leitung.

Momentan habe ich einen Beschwerdebrief geschrieben aufgrund von Verstößen gegen den Datenschutz. Jeder Gefangene hat die Möglichkeit zu erfahren, ob seine Mithäftlinge Hepatitis oder HiV haben, da dies auf den Namensschildern zu ersehen ist. Viele wissen das nicht einmal und fragen sich oft, woher Mitgefangene dies wissen…Und immer wieder sind sie erstaunt, dass dies in einem Land mit Datenschutzgesetzen und –verordnungen, mit Schweigepflicht für Ärzte möglich ist. Woher nimmt die Anstalt das Recht, Mitgefangenen preiszugeben, was man für Krankheiten hat? Es wäre nett, wenn Ihr mir Infos zur Datenschutz-Verordnung oder andere wichtige Tipps geben könntet.

Auch im Haftkrankenhaus Wittlich herrschen mittelalterliche Zustände: wo Hygiene das non plus ultra sein sollte, gibt man den dortigen Gefangenen nur 2x die Woche die Möglichkeit, die Unterwäsche zu Tauschen oder zu Duschen. Ansonsten halt eine Unterhose, die man mehre Tage tragen muss. Bezüglich einer Beschwerde konnte ich dort nicht aktiv werden, da die nur als Häftling der JVA Wittlich möglich ist. Ich kann nur sagen, katastrophal und kein Wunder, dass so viele Menschen in Krankenhäusern an Infektionen sterben. Nur Mut ihr Häftlinge im Haftkrankenhaus, wehrt Euch und schreibt sachliche Beschwerden, meldet Euch beim Bürgerbeauftragten und schildert Eure menschenunwürdige Situation.

Zum Schluss möchte ich mich noch bei meiner Lebenspartnerin Isabell herzlich bedanken, die ich über alles liebe, sowie bei meinen Freunden, die trotz meiner Schwächen hinter mir stehen woraus ich meine Kraft ziehe, die Gefangenschaft zu überstehen.

Euch und den Freunden von der „Grünen Hilfe“ mögen Kraft, Gesundheit und positive Gedanken ein ständiger Begleiter sein.

D. Schwikal (JVA Koblenz), Simmernerstr. 14a, 56075 Koblenz
(freut sich über Post)

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