Sieg der Hanfparade im Rechtsstreit mit der Versammlungsbehörde Berlin.

Veröffentlicht am 27. März 2013
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Richtungsweisendes Urteil zur #Versammlungsfreiheit

Hanfparade 2011 wäre von Versammlungsfreiheit geschützt gewesen. Großer Tag für Demonstrationskultur in der Hauptstadt.*

Alle, denen angesichts der weitgehend leeren Abschlusskundgebung der Hanfparade 2011 die Tränen in den Augen standen, sollten den 11. Dezember 2012 nachträglich als Tag der Freude im Kalender markieren. An diesem Dienstag entschied das Verwaltungsgericht Berlin nämlich über die Klage der Hanfparademacher gegen die Berliner Versammlungsbehörde – Und verwarf das 2011 ausgesprochene Verbot weiter Teile der Hanfparade als rechtswidrig.

Der Kläger hat einen Anspruch auf die Feststellung, dass der Bescheid vom 14. Juli 2011 insoweit rechtswidrig war, als darin festgestellt wird, dass die Abschlussveranstaltung der „Hanfparade 2011″ ab dem Eintreffen des Umzuges am Ort der Abschlussveranstaltung keine Versammlung ist.

Dazu erklärt Martin Steldinger vom Organisationsteam der Hanfparade:“Wir sehen den 11. Dezember als einen großen Tag für die Versammlungskultur in der Hauptstadt, weil das Urteil zeigt, dass das restriktive Vorgehen der Berliner Polizei gegen politisch unerwünschte Demonstrationen all zu oft rechtswidrig ist. Interessanter Weise bedarf es immer wieder entsprechender Erinnerungen seitens der Gerichte.“

Die Versammlungsbehörde der Hauptstadt steht seit langem wegen vermeintlicher Willkür bei Entscheidungen über den Versammlungscharakter in der Kritik. Bereits Anfang des Jahrtausends beschäftigten der Behördenleiter Herr Haß und seine Mitarbeiter die Gerichte. Ganze 11 Instanzen und gut 6 Jahre benötigte allein die Fuckparade, um zu ihrem Recht zu kommen. Erst das Bundesverfassungsgericht konnte die übereifrige Berliner Polizei davon überzeugen, dass Musik sehr wohl zur politischen Willensbildung beitragen kann. Auf das damals
erstritteneUrteil „Fuckparadeurteil“ http://www.eve-rave.net/abfahrer/presse/presse07-05-17.html stützt sich
auch die Entscheidung in Sachen Hanfparade 2011.

Volksfeste und Vergnügungsveranstaltungen ebenso wie Veranstaltungen, die der bloßen Zurschaustellung eines Lebensgefühls dienen oder die als eine auf Unterhaltung ausgerichtete öffentliche Massenparty gedacht sind, fallen allerdings nicht unter den Versammlungsbegriff. Hingegen erstreckt sich der Schutzbereich der Versammlungsfreiheit auch auf solche Veranstaltungen, die ihre kommunikativen Zwecke unter Einsatz von Musik oder auch Tanz verwirklichen, wenn diese Mittel zur kommunikativen Entfaltung mit dem Ziel eingesetzt werden, auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken (vgl.BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2007 —6 C 23/06 — http://lexetius.com/2007,2007, juris, Rn. 15).

Der politische Charakter musikalisch präsentierter Inhalte war indes heuer nicht der einzige Streitpunkt. Die Versammlungsbehörde hatte die Hanfparade in ihrem Bescheid in viele kleine Stücke zerlegt und quasi jeden Stein einzeln nach seinem Versammlungscharakter befragt. Dieser Erbsenzählerei schob das Gericht nun einen Riegel vor.

Enthält eine Veranstaltung — wie vorliegend die „Hanfparade 2011“ — sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, ist entscheidend, ob diese „gemischte Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung ist. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl.BVerfG, Beschluss vom 12. Juli 2001 — 1 BvQ 28/01 — http://lexetius.com/2001,773 , juris, Rn. 29).

Wieder, so stellt das Gericht in seinem Urteil fest, war die Rechtslage eindeutig und das Verhalten der Behörde eindeutig rechtswidrig.

Die […] vorzunehmende Gesamtschau führt zu einem Überwiegen der auf Meinungskundgabe und -äußerung gerichteten Elemente. Prägend für
die „Hanfparade 2011″, einschließlich der Abschlussveranstaltung, war die kollektive Meinungsbildung und -äußerung. […] Die Forderung nach einer Legalisierung von Cannabis, wie sie insbesondere auf den Bühnen und Paradewagen und an den Informationsständen artikuliert werden sollte, wäre als dominierend angesehen worden.

Die Macher der Hanfparade sehen den Erfolg vor Gericht nicht nur als Wiedergutmachung gewesenen Unrechts. Vielmehr sei das Urteil“für moderne Versammlungsformen wegweisend“. Martin Steldinger empfiehlt es deshalb allen Demomachern dringend zur Lektüre. „Der Versammlungsbehörde wurden  (wieder einmal) ihre Grenzen aufgezeigt. Es liegt an uns, die erstrittenen Freiräume zu nutzen.“

Profitieren soll nicht zuletzt die nächsteHanfparade, die am 10. August unter dem Motto „Meine Wahl – Hanf legal!“ in Berlin
http://www.hanfparade.de/ stattfinden wird. Dann auch mit umfangreicher Abschlusskundgebung.

 

Quellen: Urteil VG 1 K 354.11 – Hanfparade vs. Berlin -OCR PDF Download
http://www.hanfparade.de/downloads/2012_11_11-Hanfparade_vs_VerSB_-_Urteil_VG_1_K_354.11.pdf

Es folgt der Volltext des Gerichtsurteils auf (zusammen mit der News)

http://www.hanfparade.de/programm-route/news/10-news/235-gericht-hanfparade-versammlungsbehoerde-10.html

 

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