Offener Brief: Patientenversorgung mit Cannabisextrakt
Veröffentlicht am 20. Oktober 2007
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Sehr geehrte Damen und Herrn,
ich wende mich vertrauungsvoll an Sie mit der großen Hoffnung auf das Verständnis Ihrerseits für meine derzeitige problematische Situation. Seit etwas mehr als einem Jahr stehe ich mit der Bundesopiumstelle in Kontakt bezüglich eines laufenden Antrags zum Umgang mit Cannabis zu medizinischen Zwecken.
Alle Auflagen, angeforderten Gutachten und Unterlagen sind Herrn Dr. Schinkel, dem dazu beauftragten Mitarbeiter der Bundesopiumstelle beim BfArM, übermittelt worden, so das letztendlich zu meinem Gunsten entschieden worden ist.
Da die Krankenkasse meine Dronabinoltherapie nicht bezahlt und der Wirkstoff THC,der in der Cannabispflanze vorkommt und mit dessen Hilfe ich mein Tourette-Syndrom lindern, ja fast völlig rückstandslos behandeln kann, ist man dann letztendlich zu der positiven Entscheidung gekommen, dass mir der Umgang mit einem aus der Apotheke hergestellten Cannabisextrakt befristet erlaubt wurde.Genau wie einige Wochen zuvor bei einer Multiple-Sklerose Patientin der Fall.
Mittlerweile habe ich das Cannabisextrakt gegen Vorlage eines von meiner behandelnden Ärztin ausgestellten Btm-Rezeptes abholen können. Ich war voller Hoffnung über diesen Erfolg und mußte dann leider feststellen, dass das Cannabisextrakt nach der Umwandlung in die ölige Tropflösung keinerlei Wirkung zeigte. Nach Rücksprache mit der THC Pharm habe ich dann noch erfahren müßen, dass die Wirksamkeit der zubereiteten Lösung noch gar nicht bewiesen sei, da die Umwandlung der Pflanzenteile sich als sehr schwierig darstellt. Genau die selbe Erfahrung machte auch die MS Patientin. Jetzt stehe ich quasi wieder ohne ein Medikament da.
Die restlichen Tropfen gab ich dann unter Berücksichtigung der ordnungsgemäßen Austragung als Btm zurück an die Apotheke. In meiner Hilflosigkeit wendete ich mich dann heute an Dr. Schinkel (Bundesopiumstelle), sowie an verschiedene politische Einrichtungen, um meine Situation zu schildern und vor allen Dingen Rat zu bekommen.
Was ich bekam war Verständnis und teilweise auch Mitgefühl. Einen Rat wie meine weitere Vorgehensweise sinnvoll sein würde, um die Möglichkeit zu erhalten das Cannabis in seiner ursprünglichen und so auch garantiert wirkungsvollen Weise auf legalem Wege zu erhalten, konnte man mir leider nicht geben.Verschiedene Personen deren Namen ich an dieser Stelle fairerweise nicht nennen möchte,da ich auch teilweise durch meine
Verzweiflung, krankheitsbedingt durch das Fehlen meiner Medikation sehr aufgebracht am Telefon war, denken immer noch das die Justiz bei der Verwendung sowie Organisation von Cannabisprodukten beide Augen zudrücken, und das mir als Patient nichts passieren würde wenn ich auf Grund meiner Erkrankung, sowie als Mitglied der internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin den Umgang mit Cannabis zu der Behandlung meiner Zwecke nutzen würde.Genau das ist nicht der Fall und auch nicht der Sinn bei einem bewilligten Antragsentscheid der Bundesopiumstelle. Seit geraumer Zeit befindet sich beispielsweise ein Morbus Crohn Patient, Herr Volker Krug wegen dem Besitz von 300g Marihuana in Untersuchungshaft und muß nun mit einer Gefängnisstrafe rechnen, weil Ihm die Kostenübernahme der Dronabinoltherapie, genau wie bei mir von der Krankenkasse versagt wurde und er aus seiner Notsituation heraus illegalen Besitz seines Medikamentes zu verantworten hat.
Die Justiz drückt kein Auge zu und es ist auch prinzipiell nicht zu verstehen warum wir so behandelt werden. Mit diesem offenen Brief möchte ich auf mein Problem aufmerksam machen, auch im Namen derer, die die Kraft dazu nicht mehr haben. Gleichzeitig erwarte ich Antwort und Reaktion. Da mir die Erlaubnis zum Umgang mit Cannabis, in Form eines, wie sich jetzt leider herausstellte umgewandelten, nichtwirksamen Btm’s verordnet wurde und somit dem Hinweis des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahr 2005, der besagt das die medizinische Behandlung mit Cannabis ein im öffendlichen Interesse liegender Zweck sei, so dass das BfArM Anträge von Patienten, die sonst illegalen Cannabis zu medizinischen Zwecken verwenden müßten, entsprechend behandeln muß, nicht gerecht wird. Auf Anfrage der Presse bezüglich des genehmigten Antrages und der somit gewünschten Durchführung einiger Interviews zu der Thematik, werde ich das bereits erwähnte Problem und die Hilfe bei diesem Umstand die ich von Ihnen erwarte genau so schildern, wie in diesem Brief erörtert und hoffe auf baldige Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Scheimann
Offener Brief an:
* Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (Dr.Franjo Grothenhermen)
* medizinische Hochschule Hannover (PD Dr. Kirsten Müller-Vahl)
* Rechtsanwaltskanzlei Michael Klockers
* BfArM (Bundesopiumstelle), Dr. Schinkel
* Sabine Bätzing, MdB, Drogenbeauftragte der Bundesregierung
* Marion Caspers-Merk,MdB, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium
* Hubert Hüpe, MdB, Drogenpolitischer Sprecher, CDU/CSU-Fraktion
* Monika Knoche,MdB,Drogenpolitische Sprecherin, Fraktion Die Linke
* Detlef Parr, MdB, Drogenpolitischer Sprecher, FDP- Fraktion
* Dr. Harald Terpe, MdB, Drogenpolitischer Sprecher, Fraktion Bündnis90/Die Grünen