Sicherheitsverwahrung für Marihuana: Für die Allgemeinheit gefährlich?

Veröffentlicht am 26. Januar 2011
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Peter Mühlbauer 26.01.2011: Das Landgericht Essen sieht auch nach der Gesetzesänderung vom 1. Januar die Möglichkeit gegeben, Sicherungsverwahrung wegen eines Marihuanadelikts anzuordnen

In der Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums dazu hieß es, dass diese „schärfste Sanktion, die das deutsche Strafrecht kennt, nur noch dort verhängt [werde], wo sie zum Schutz der Bevölkerung auch wirklich nötig ist“. Max Stadler, der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, hatte de Süddeutschen Zeitung im November gesagt, dass es Sicherungsverwahrung nur noch in Fällen schwerer Sexual- und Gewaltdelikte sowie bei Staatsschutzdelikten geben solle.

Tatsächlich findet sich aber im § 66 Absatz 1 Nummer 1 des StGB nicht nur der Buchstabe a, der eine Anordnung der Sicherungsverwahrung erlaubt, wenn jemand zu Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat verurteilt wird, die „sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung richtet“, sondern auch der Buchstabe b, der dies für Straftaten ermöglicht, welche „unter den Ersten, Siebenten, Zwanzigsten oder Achtundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils oder unter das Völkerstrafgesetzbuch oder das Betäubungsmittelgesetz [fallen] und im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zehn Jahren bedroht [sind]. Darüber hinaus gibt es noch den Buchstaben c, der die Verhängung einer Sicherheitsverwahrung unter bestimmten Voraussetzungen bei Straftaten nach § 145a und § 323a erlaubt.

Dadurch wäre die Sicherungsverwahrung theoretisch auch bei Delikten wie Hausfriedensbruch, Landfriedensbruch, Gewaltdarstellung, Billigung von Straftaten, Amtsanmaßung, Nichtanzeige und Vollrausch möglich.

Allerdings kann sie nur unter zusätzlichen Voraussetzungen verhängt werden – darunter auch die, dass eine Gesamtwürdigung des Täters und seiner Taten“ ergibt, „dass er infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten, namentlich zu solchen, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, zum Zeitpunkt der Verurteilung für die Allgemeinheit gefährlich ist.“

Trotzdem ordnete die XVII. Strafkammer des Landgerichts Essen jetzt die Sicherungsverwahrung für einen Mann an, der weder Trieb- noch Intensivgewalttäter ist, sondern Marihuanahändler (Az. 52 KLs 43/10). Diese Anordnung ist auch insofern bemerkenswert, als die Strafe des Verurteilten schon sechseinhalb Jahre beträgt und er bereits 62 Jahre alt ist.

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