Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe

Was ist Beratungshilfe

Die Beratungshilfe ist in Deutschland eine staatliche (und auch von der Anwaltschaft getragene) Sozialleistung für den Rechtsuchenden, der die Kosten für die Beratung oder Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht aufbringen kann und dem keine andere zumutbare Möglichkeit für eine Hilfe zur Verfügung steht. Anfallende außergerichtliche Rechtsanwaltskosten können übernommen werden. Die eigentliche Beratung findet nicht durch das Gericht, sondern bei einem selbst zu beauftragenden Rechtsanwalt statt.

Zweck der Beratungshilfe

Beratungshilfe wird für die außergerichtliche Rechtsberatung und -vertretung gewährt. Maßgeblich ist das Beratungshilfegesetz (BerHG).

Mit ihr können Rechtsanwaltskosten in bestimmten Fällen für besonders einkommensschwache Personen übernommen werden. Die Voraussetzungen sind in aller Regel erfüllt, wenn Anspruch auf Sozialhilfe, Arbeitslosengeld II oder auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz besteht. In diesen Fällen genügt zum Nachweis eines geringen Einkommens der entsprechende Bescheid. Die Beratungshilfe deckt nicht die Anwalts- und Gerichtskosten für ein Gerichtsverfahren ab. Hier kommt gegebenenfalls Prozesskostenhilfe in Frage.

Einkommensberechnung

Ob jemand so einkommensschwach ist, dass er Beratungshilfe in Anspruch nehmen kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab, z.B. Familienstand, Unterhaltspflichten und Höhe der Miete.

Von dem Einkommen, das eine Person erzielt, sind aktuell die folgenden Freibeträge abzusetzen: 395,00 € Grundfreibetrag, Freibetrag für 395,00 € für den Ehepartner, Freibetrag von 276,00 € für jedes unterhaltsberechtigte Kind, Wohnkosten in angemessener Höhe, ggfs. Erwerbstätigenbonus von 180,00 €. Ergibt sich danach ein Einkommen von nicht mehr als 15,00 €, besteht ein Anspruch auf Beratungshilfe.

Antrag auf Beratungshilfe

Die Beratungshilfe kann bei dem zuständigen Amtsgericht beantragt werden. Den Antrag auf Beratungshilfe kann auch der mandatierte Rechtsanwalt stellen. Hierbei besteht das Risiko, dass der Anwalt bei einer Ablehnung der Beratungshilfe sein eigenes außergerichtliches Tätigwerden für die Einreichung des Antrages bei dem Mandanten abrechnet. Bei der Beantragung von Beratungshilfe sind Unterlagen vorzulegen, aus denen sich eine konkrete Rechtsstreitigkeit ergibt, sowie laufende Einkommens- und Ausgabennachweise zu erbringen.

Was ist zu beachten, wenn Beratungshilfe direkt bei der Rechtsantragsstelle beantragt werden soll?

1. Erstwohnsitz im Bezirk des Gerichts
2. Der Antrag sollte unbedingt vor der rechtsanwaltlichen Beauftragung gestellt werden.
3. Folgende Unterlagen müssen bei Antragsstellung (vollständig und aktuell) vorliegen:
a) Unterlagen, aus denen sich die Angelegenheit, für die Beratungshilfe beantragt wird, ergibt (Schriftwechsel etc.)
b) Belege über laufendes Einkommen (Lohnabrechnungen, Renten-, Arbeitslosengeld- oder sonstige Bescheide)
c) Zahlungsbelege/Kontoauszüge zu laufenden Ausgaben (Miete, Nebenkosten, Strom, Versicherungen etc.)
d) Unterlagen, aus denen sich der Wert vorhandener Vermögenswerte ergibt (Sparbuch, Lebensversicherung etc.)
e) Personalausweis oder Reisepass

Quelle: Info-Blatt der Justiz-Verfahrenssoftware RASYS

Beratung

Die Rechtsberatung wird in erster Linie durch Rechtsanwälte gewährt, diese sind per Gesetz dazu verpflichtet, hilfesuchende Personen mit Beratungshilfeschein als Mandanten anzunehmen. In einigen Bundesländern gibt es auch spezielle Rechtsberatungsstellen, welche Rechtsrat erteilen. In den Bundesländern Bremen und Hamburg tritt an die Stelle der Beratungshilfe die öffentliche Rechtsberatung. In Berlin besteht eine Wahlmöglichkeit zwischen öffentlicher Rechtsberatung und der Beratungshilfe. Oft erhält man beim Amtsgericht schon Auskünfte und Hinweise auf spezielle Beratungsstellen, die in Anspruch genommen werden können.

Beratungshilfe gibt es für die Beratung eines Mandanten und für die Vertretung des Mandanten. In Strafsachen wird lediglich Beratung gewährt, nicht aber Vertretung. Der Unterschied liegt darin, dass bei einer Vertretung auch ein Auftreten des Rechtsanwalts nach außen erfolgt, sei es durch einen Brief oder ein Telefonat. Bei der Beratung geht es allein um Informationserteilung und Ratschläge des Anwalts.

Der mandatierte Rechtsanwalt kann von seinem Mandanten eine Gebühr von 10,- € (Nr. 2500 VV RVG) verlangen. Er erhält darüber hinaus von der Staatskasse im Falle der Erstberatung weitere 30,- € (Nr. 2501 VV RVG) und im Falle der Vertretung eine Geschäftsgebühr in Höhe von 70,- € (Nr. 2503 VV RVG), jeweils zzgl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer. Berät und vertritt der Anwalt in derselben Sache, ist die Beratungsgebühr voll anzurechnen so dass der Anwalt von der Staatskasse nur die Geschäftsgebühr in Höhe von 70,- € erhält. Die Gebühren, die der Rechtsanwalt in Beratungshilfemandaten erhält, sind in der Regel wesentlich geringer als in regulär abgerechneten Mandaten, da der Beratungshilfesatz, außer bei niedrigen Streitwerten, unter der Vergütung nach dem RVG liegt. Auch Stundenhonorare sind in aller Regel erheblich höher, da die Beratungshilfe, ebenso wie das RVG, sämtliche Tätigkeiten des Anwalts umfasst, unabhängig von der Dauer und dem Umfang. Honorarvereinbarungen neben der Beratungshilfe oder anstatt derselben sind nicht zulässig.§ 8 BerHG.

Ablehnung von Beratungshilfe

In welchen Fällen ist eine Beantragung ausgeschlossen? Unter anderem wenn:

  1. eine Rechtsschutzversicherung eintritt;
  2. ein gerichtliches Verfahren in dieser Sache anhängig ist;
  3. eine Hilfestellung direkt durch das Gericht erfolgen kann;
  4. bestimmte Rechtsgebiete betroffen sind
  5. im Einzelfall eine günstigere Art der Hilfe angeboten wird (z. B. Schuldnerberatung, Mieterverein).

Quelle: Info-Blatt der Justiz-Verfahrenssoftware RASYS

Weblinks zur Beratungshilfe

Prozesskostenhilfe

Über die Prozesskostenhilfe (PKH) (früher als „Armenrecht“ bezeichnet) kann gem. §§ 114 ff. ZPO einkommensschwachen Personen eine finanzielle Unterstützung zur Durchführung von Gerichtsverfahren gewährt werden. Prozesskostenhilfe kommt in Verfahren vor den Zivil-, Verwaltungs-, Arbeits- und Sozialgerichten in Betracht, wenn eine Verfahrenspartei nicht in der Lage ist, die Anwalts- und Gerichtskosten für den Prozess aufzubringen. Die Prozesskostenhilfe trägt der Staat. Sie ist eine spezialgesetzlich geregelte Einrichtung der Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege und dient der Umsetzung der Rechtsschutzgleichheit. (Quelle: Wikipedia)

Voraussetzungen

Prozesskostenhilfe kann nach § 114 S. 1 ZPO jeder Partei in einem gerichtlichen Verfahren gewährt werden. Typischerweise sind dies der Kläger und der Beklagte. Aber auch Nebenintervenienten, oder (in speziellen Verfahren) Antragstellern oder Antragsgegnern, Gläubigern und Schuldnern kann Prozesskostenhilfe gewährt werden. Neben natürlichen Personen, können auch juristischen Personen (vgl. § 116 ZPO) Prozesskostenhilfe erhalten. Eine Gewährung an Ausländer oder Staatenlose ist möglich. Dies gilt allerdings nur für die Rechtsverfolgung vor deutschen staatlichen Gerichten. Für grenzüberschreitende Verfahren innerhalb der Europäischen Union gelten die Regelungen in §§ 1076 bis 1078 ZPO.

Die Prozesskostenhilfe muss beim jeweils zuständigen Gericht beantragt werden. Das bedeutet, dass der Antrag an das Gericht zu richten ist, bei dem der Prozess anhängig ist bzw. bei dem er anhängig gemacht werden soll. Neben der Bedürftigkeit, die anhand einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu belegen ist, werden auch die Erfolgsaussichten des zu führenden Prozesses einer summarischen gerichtlichen Vorprüfung unterzogen. Prozesskostenhilfe wird nur bei hinreichender Erfolgsaussicht gewährt. Hat die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nur zum Teil hinreichende Aussicht auf Erfolg, werden auch nur insoweit die Prozesskosten übernommen. Darüber hinaus darf die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheinen. Das bedeutet, es muss sich um ein Verfahren handeln, das eine nicht bedürftige, verständige Person in gleicher Weise führen würde.
Für den außergerichtlichen Bereich wird anstelle der PKH Beratungshilfe gewährt.

Folgen der Gewährung von Prozesskostenhilfe

Wird die Prozesskostenhilfe in vollem Umfang bewilligt, werden die Gerichtskosten sowie die Anwaltsgebühren des eigenen Rechtsanwaltes nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz dann durch die Staatskasse getragen, wenn der Antragsteller den Prozess verliert. Wird der Prozess gewonnen, können also die Ansprüche durchgesetzt oder abgewehrt werden, muss, außer bei arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz, der Gegner die Anwalts- und Prozesskosten tragen. Bei geringem Einkommen wird Prozesskostenhilfe als Zuschuss gewährt. Ansonsten muss sie in maximal vier Jahre lang zu zahlenden Raten zurückgezahlt werden. Die Höhe der Raten richtet sich nach dem Einkommen.

Die Prozesskostenhilfe deckt nur die Gerichtskosten und die Gebühren des eigenen Anwalts ab. Verliert die Partei den Prozess, muss sie die gegnerischen Rechtsanwalts- und ggf. Gerichtskosten im gleichen Umfang erstatten, wie dies auch bei nicht bedürftigen Personen der Fall ist, außer bei arbeitsgerichtlichen Prozessen erster Instanz.
Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse können bis zu vier Jahre nach rechtskräftigem Abschluss des Rechtsstreits oder sonstiger Beendigung nochmals überprüft werden. Abhängig vom Ergebnis der Überprüfung kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe widerrufen oder eine Ratenzahlung anordnen oder abändern (§ 120 Abs. 4 ZPO).

Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe löst eine Forderungssperre hinsichtlich der Anwaltsgebühren aus, § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Demnach ist es dem Rechtsanwalt verwehrt, direkt mit dem Mandanten abzurechnen. Der Mandant kann sich dennoch erkenntlich zeigen, wenn er die Anwaltstätigkeit freiwillig und in Kenntnis der Nichtverpflichtung honoriert, § 16 Abs. 2 BORA.

Wird die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, ist hiergegen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 567 ZPO möglich. Der ablehnende Beschluss hat eine Begründung zu erhalten, aus welcher sich ergibt, ob das Gericht meint, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg hat oder sie mutwillig erscheint bzw. der Antragsteller in der Lage ist, aus eigenen Mitteln seine Prozessführung zu finanzieren.

Kosten des Bewilligungsverfahrens

Für das Verfahren über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe fallen zunächst keine Gerichtskosten an. Anders jedoch, wenn eine sofortige Beschwerde eingelegt und zurückgewiesen wird. Gemäß Nr. 1812 des GKG-Kostenverzeichnisses (KV) betragen die Gerichtsgebühren hierfür 50 Euro, es steht jedoch im Ermessen des Gerichts, sie auf 25 Euro zu reduzieren oder nicht zu erheben (Anmerkung zu KV Nr. 1812 GKG). Für Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt § 131b KostO, die Gebühr beträgt 25 Euro.

Wird ein Anwalt beauftragt, die Prozesskostenhilfe zu beantragen, fällt hierfür eine Gebühr gemäß Nr. 3335 des RVG-Vergütungsvezeichnisses (VV) an. Diese beträgt soviel wie die Verfahrensgebühr des Bezugsverfahrens, für das die Prozesskostenhilfe beantragt wird, höchstens jedoch eine volle Gebühr (1,0). Für Verfahren vor den Sozialgerichten gilt, sofern diese Verfahren nach Betragsrahmengebühren abzurechnen sind, die Nr. 3336 RVG-VV; die Gebühr beträgt zwischen 30 und 320 Euro.

Wer einen Anwalt mit dem Prozesskostenhilfeantrag beauftragt, muss ihn selbst bezahlen. Kommt es jedoch später zur Bewilligung und wird das Gerichtsverfahren durchgeführt, gehen diese Gebühren in den späteren (von der Prozesskostenhilfe gedeckten) Gebühren auf, § 16 Nr. 2 RVG.

Im Bewilligungsverfahren findet keine Kostenerstattung statt, § 118 Absatz 1 Satz 4 ZPO. Der Gegner muss entstandene Kosten also nicht erstatten, auch wenn Prozesskostenhilfe bewilligt wird.

Strafverfahren

In Strafverfahren wird dem Beschuldigten bzw. Angeklagten keine Prozesskostenhilfe gewährt. Hier greift in den Fällen notwendiger Verteidigung die Pflichtverteidigung. Dagegen kann Opfern von Straftaten, die zur Nebenklage berechtigt sind, hierfür Prozesskostenhilfe gewährt werden.

Weblinks zur Prozesskostenhilfe